Tradingstile

Tradingstrategie

Disclaimer: Die nachfolgenden Ausführungen dienen ausschließlich zu Informationszwecken und stellen weder ein Angebot zum Handel noch eine Handelsempfehlung oder eine Aufforderung zum Handel dar. Der Betreiber von Derivatehandel.net bzw. der Autor des nachfolgenden Beitrages versichert, dass zum Zeitpunkt der Veröffentlichung keine Positionen in den u. g. Basiswerten bestand. Auf den vollständigen Risikohinweis wird explizit verwiesen.

Bevor wir uns verschiedene Tradingstrategien anschauen, gehen wir zunächst einmal auf die einzelnen Tradingstile ein. Welche Tradingstile es gibt und was einen Tradingstil von einer Tradingstrategie unterscheidet, erfährst du im nachfolgenden Beitrag.

Tradingstil vs. Tradingstrategie

Gerade Tradinganfänger kennen häufig nicht den Unterschied zwischen einem Tradingstil und einer Tradingstrategie, was fatal sein kann, da die Tradingstrategie zum Tradingstil passen muss. Passt die Tradingstrategie nicht mit dem Tradingstil überein, kann dies auf Dauer zum Totalverlust des Handelskontos führen.

Ein Tradingstil beschreibt die Art des Handelns, also ob du Scalping, Daytrading, Swingtrading oder Positionstrading betreibst… Im Ergebnis geht es also darum wie lange du deine Position im Markt hältst bzw. bei Positionseröffnung beabsichtigst zu halten.

Eine Tradingstrategie umfasst hingegen ein konkretes Setup. Also: Welche Kriterien müssen erfüllt sein, damit du einen Trade eröffnest bzw. schließt. Grundlage hierfür können z.B. Indikatoren, die Markttechnik, Newstrading, Volumentrading oder CoT-Daten sein. Aber auch wo dein Stop Loss platziert wird, wie viel Prozent vom Kapital pro Trade riskiert wird, wann eine Gewinnmitnahme erfolgt, welche Märkte mit welchen Finanzinstrumenten gehandelt werden sind Teil der Tradingstrategie.

Bevor du mit dem Trading beginnst, solltest du dir also zwingend Gedanken über deinen Tradingstil und über deine Tradingstrategie gemacht haben. Solltest du ohne diesen Tradingplan (Tradingstil + Tradingstrategie) handeln und frei aus dem Bauch heraus entscheiden was, wann und wie du handelst, ist ein Totalverlust deines Kontos auf absehbare Zeit garantiert! Selbst wenn du auf diese (planlose) Weise mal einen Gewinn erzielen solltest, fehlt es an einer Duplizierbarkeit dieses Trades, da dieser von der Positionseröffnung bis hin zur Positionsschließung mehr oder weniger willkürlich erfolgte.

Schauen wir uns also einmal an, was es für Tradingstile gibt und was diese ausmacht:

Scalping

Beim Scalping beabsichtigt der Trader nur wenige Sekunden bis maximal ein paar Minuten im Markt zu sein, um sich nur wenige Punkte aus dem Markt „herauszuschneiden“. Der Grundgedanke hierbei ist, dass im Laufe des Handelstages durch eine hohe Anzahl an Trades viele kleine Gewinne mitgenommen werden sollen, um am Ende des Handelstages (möglichst) einen ansehnlichen Gewinn erwirtschaftet zu haben.

Durch die geringe Zeit im Markt wird das Kapital nur für wenige Augenblicke einem Risiko ausgesetzt, wodurch das Risiko, dass unvorhergesehene Ereignisse das Kapital gefährden, reduziert werden soll. Auch gehen Scalper davon aus, dass kurzfristige Kursbewegungen einfacher vorherzusagen sind als ein langfristiger Trend.

Scalper arbeiten häufig mit Derivaten wie CFD, um von einer Hebelwirkung zu profitieren und Positionen schnell öffnen und wieder schließen zu können. Als Tradingstrategie werden häufig Indikatoren genutzt, aber auch das Newstrading ist als Tradingstrategie für das Scalping geeignet (insbesondere bei vorher bekannten News-Events wie z.B. einer EZB-Zinsentscheidung). Nachfolgend ein Beispiel für Scalptrading im DAX mit simplen Indikatoren (Exponentiell Moving Average) in einem 1-Minuten-Chart. Die Pfeile hätten mögliche Einstiegspunkte für Scalptrades darstellen können:

Scalptrading
Quelle: TradingView.com (Screenshot, Keine bezahlte Werbung)

Vorteile von Scalping

Die Vorteile von Scalping sind:

  • Das Kapital wird dem Markt und damit dem Risiko nur kurz ausgesetzt;
  • Es besteht kein Übernachtrisiko;
  • Es fallen für Derivate keine Übernachtgebühren an;
  • Es bedarf keiner umfassenden Marktanalyse (wenige Indikatoren können ausreichend sein);
  • Scalping lässt sich in verschiedenen Märkten umsetzen (Forex, Indizes etc.).

Nachteile von Scalping

Scalping geht mit den nachfolgenden Nachteilen einher:

  • Durch die hohe Anzahl an Trades fallen hohe Handelskosten an. Entsprechend ist ein geeigneter Broker, mit einer angemessenen Kostenstruktur, unabdingbar;
  • Der notwendige Zeitaufwand für Scalping ist äußerst hoch, sodass Scalping für Personen mit einem Hauptberuf in der Regel ungeeignet ist;
  • Durch die genutzten Hebelprodukte und vergleichsweise hohen Positionsgrößen können schnell hohe Verluste entstehen, sofern kein Stop-Loss bzw. angemessenes Risikomanagement genutzt wird;
  • Scalping erfordert ein erhöhtes Maß an Disziplin;
  • Scalping kann aufgrund der Vielzahl an Entscheidungen die in kurzen Zeiträumen getroffen werden müssen äußerst belastend sein.

Daytrading

Beim Daytrading beabsichtigt der Trader eine Position innerhalb eines Handelstages zu eröffnen und wieder zu schließen, um einen Gewinn zu erwirtschaften. Die Haltedauer kann mehrere Stunden betragen und ist damit deutlich länger als beim Scalping.

Als mögliche Märkte kommen neben dem regulären Aktienmarkt auch Indizes oder Forex in Betracht. Als Finanzinstrumente können neben Hebelprodukte wie CFD, K.O.-Zertifikate und Optionsscheine auch reguläre Aktien genutzt werden.

Durch das Daytrading beabsichtigt der Trader häufig vom Momentum in einem bestimmten Wert zu profitieren (z.B. aufgrund von marktbeeinflussenden Nachrichten) ohne dabei ein Übernachtrisiko einzugehen und keine Übernachtgebühren tragen zu müssen.

Als Tradingstrategien für das Daytrading bieten sich neben Indikatoren auch die Markttechnik und das Newstrading an. Zur beispielhaften Verdeutlichung nachfolgend ein möglicher Daytrade in NVIDIA (Kürzel: NVDA) nach positiven Quartalszahlen im 5-Minuten-Chart:

Daytrading
Quelle: TradingView.com (Screenshot; Keine bezahlte Werbung)

Vorteile von Daytrading

Die Vorteile des Daytrading sind:

  • Da die Positionen vor dem Ende des Handelstages geschlossen werden, bestehen keine Übernachtpositionen (kein Risiko);
  • Da keine Übernachtpositionen bestehen, fallen für Derivate keine Übernachtgebühren an;
  • Daytrading lässt sich mit Derivaten in diversen Märkten betreiben.

Nachteile von Daytrading

Die Nachteile des Daytrading sind:

  • Genauso wie das Scalping ist Daytrading äußerst zeitintensiv. Auch wenn weniger Positionen als beim Scalping geöffnet und wieder geschlossen werden, müssen Daytrader den Großteil des Tages am Bildschirm verbringen und Märkte nach Einstiegsmöglichkeiten screenen;
  • Auch wenn im Vergleich zum Scalping weniger Positionen gedreht (geöffnet und wieder geschlossen) werden, summiert sich die Anzahl der Trades auf Jahressicht auf eine beachtliche Summe. Entsprechend hoch sind die Transaktionsgebühren die anfallen. Ein geeigneter Broker, mit fairen Gebühren, ist also unerlässlich;
  • Auch hier gilt: Werden Derivate für den Trade genutzt, kann der Hebel in kurzer Zeit zu schnellen Verlusten führen, sofern kein geeignetes Risikomanagement zum Einsatz kommt.

Swingtrading

Beim Swingtrading versucht der Trader einen größeren Teil einer Kursbewegung zu handeln und hiervon zu profitieren. Bei der Positionseröffnung beabsichtigt der Trader die Position mehrere Tage bis einige Wochen zu halten, bevor sie (im Idealfall) mit Gewinn geschlossen wird.

Swingtrading ist ein idealer Tradingstil für berufstätige, die auf der Suche nach einem aktiven Handelsstil sind, das Trading aber in den Alltag (Familie und Beruf) integrieren möchten/müssen.

Die Märkte und Finanzinstrumente die im Swingtrading gehandelt werden können, entsprechen denen des Scalping und Daytrading. Swingtrades finden häufig im H1-, H4- oder auch im Tageschart statt. Als Basis für eine Tradingentscheidung können ebenfalls Indikatoren, die Markttechnik oder das Newstrading genutzt werden. Im Gegensatz zum Scalping und Daytrading können hier aber auch CoT-Daten als Grundlage für einen Trade genutzt werden. Schauen wir uns mal ein Beispiel für einen Swingtrade im H1-Chart an, um die Bewegung eines Trends zu handeln:

Swingtrading
Quelle: TradingView.com (Screenshot; Keine bezahlte Werbung)

Wie auf dem Bild ersichtlich ist, befindet sich die Tesla-Aktie (Kürzel: TSLA) im Tageschart in einem intakten Aufwärtrend, was an den höheren Hoch-/Tiefpunkten erkennbar ist. Entsprechend könntest du nun dazu geneigt sein im H1-Chart nach einem geeigneten Einstieg in Long-Richtung zu suchen, um von einem etwaigen weiteren Aufwärtstrend zu profitieren und an der nächsten Bewegung in Trendrichtung (long) zu profitieren:

Swingtrading
Quelle: TradingView.com (Screenshot; Keine bezahlte Werbung)

Bei einem neuen Hochpunkt im H1-Chart lässt du dich long einstoppen und partizipierst an dem Aufwärtstrend im H1-Chart bis zum Trendbruch, an dem du durch deinen Stop Loss automatisch ausgestoppt werden würdest. Im Tageschart würde sich die gehandelte Bewegung wie folgt darstellen:

Swingtrading
Quelle: TradingView.com (Screenshot; Keine bezahlte Werbung)

Du hättest also die Bewegung des Trends (Tageschart als Großwetterlage) im untergeordneten Trend (H1-Chart als Signallage) gehandelt. Letztendlich ein klassischer Swingtrade, der für berufstätige, die aktiv an der Börse handeln möchten, gut umzusetzen ist.

Vorteile von Swingtrading

Die Vorteile von Swingtrading sind:

  • Swingtrading benötigt im Gegensatz zum Scalping und Daytrading einen deutlich geringeren Zeitaufwand und ist damit auch für berufstätige geeignet;
  • Sofern die Entwicklung des Kurses richtig prognostiziert wird, profitieren Swingtrader häufig von größeren Kursbewegungen, wodurch je Trade höhere Gewinne als beim Scalping (pro Trade) erzielt werden können;
  • Durch die geringere Anzahl an Trades (im Vergleich zum Scalping oder Daytrading) fallen deutlich geringere Handelskosten an, die sich negativ auf die Rendite auswirken;
  • Swingtrading ist mental weniger anspruchsvoll, da nicht im Minutentakt Entscheidungen getroffen werden müssen;
  • Swingtrader müssen nicht „in Echtzeit“ auf ein Ereignis (z.B. News) reagieren, da sie auf höheren Zeiteinheiten bzw. Trendgrößen handeln. Marktbeeinflussende Ereignisse (z.B. Quartalszahlen die erheblich von der Erwartung abweichen) können auch noch nach Stunden oder gar Tagen nach dem Ereignis gehandelt werden.

Nachteile von Swingtrading

Die Nachteile von Swingtrading sind:

  • Da Swingtrader ihre Positionen über mehrere Tage bis hin zu einigen Wochen halten, bestehen Übernachtrisiken bzw. das Risiko, dass am Wochenende oder an Feiertagen Ereignisse eintreten, die sich negativ auf den Kurs auswirken. Findet das Ereignis statt, während die Börse geschlossen ist, kann es bei Markteröffnung zu einem größeren Kursabschlag (Down Gap) kommen, was sich negativ auswirkt, sofern du in dem Wert long positioniert bist;
  • Sofern du den Swingtrade mit Derivaten umsetzt, fallen hierfür Übernachtgebühren bzw. Finanzierungskosten an. Je länger du die Position hältst, desto höher fallen diese aus, was sich negativ auf die Rendite auswirkt.

Positionstrading

Als weiteren Tradingstil gibt es noch das sogenannte Positionstrading. Hierbei handelt es sich um einen Tradingstil, der dem langfristigen Investieren (sog. „Buy and Hold“) relativ ähnlich ist, diesem aber nicht entspricht. Eine Position wird beim Positionstrading über Monate, teils Jahre, gehalten.

Der Unterschied zwischen dem Positionstrading und dem Investieren ist im Wesentlichen, dass beim Positionstrading auch Short-Positionen eingegangen werden und zum Teil Derivate als Finanzinstrument genutzt werden. Buy and Hold erfolgt hingegen in der Regel durch den Kauf von Aktien oder ETF (long only).

Als Tradingstrategie für das Positionstrading eignet sich insbesondere eine Kombination aus Fundamental- und Chartanalyse. Anhand der Fundamentalanalyse werden die Werte ausgewählt die gehandelt werden sollen, mit Hilfe der Chartanalyse wird dann der richtige Einstiegszeitpunkt ausgewählt.

Hier ein beispielhafter Positionstrade zur Veranschaulichung:

Positionstrading
Quelle: TradingView.com (Screenshot; Keine bezahlte Werbung)

Auf dem Bild ist der Weekly-Chart der Netflix-Aktie (Kürzel: NFLX) ersichtlich. Mit einem Schlusskurs oberhalb des EMA 200 (am 22.05.2023) hätte eine Long-Position eröffnet werden können (vgl. 1. Versuch). Am 09.10.2023 hätte Position jedoch geschlossen werden müssen, da es einen Schlusskurs unterhalb des EMA 200 gab.

Am 16.10.2023 hätte die Position wieder eröffnet werden können, da es erneut zu einem Schlusskurs oberhalb des EMA 200 gekommen ist. Seither hätte die Position eine Rendite von ca. 120 % gebracht, ohne den Einsatz von Derivaten, wenn du den Basiswert direkt gekauft hättest.

Vorteile von Positionstrading

Dies sind die Vorteile des Positionstrading:

  • Aufgrund der sehr geringen Handelsfrequenz kommt es nur zu äußerst geringen Transaktionskosten;
  • Der Markt braucht vom Trader nicht regelmäßig beobachtet zu werden, sodass er einen gewissen Abstand zur Börse hat, um sich auf andere Dinge konzentrieren zu können;
  • Dadurch, dass der Trader im Idealfall große Marktbewegungen mitnehmen kann, sofern sich der Trade wie von ihm vorhergesagt entwickelt, ist ein großes Gewinnpotential bzw. ein vorteilhaftes Chance-Risiko-Verhältnis vorhanden.

Nachteile von Positionstrading

Die Nachteile von Positionstrading sind:

  • Sofern die Position mit Derivaten umgesetzt werden soll, können, abhängig vom gewählten Derivat, hohe Finanzierungskosten anfallen;
  • Das Kapital des Traders ist für einen längeren Zeitraum dem Markt ausgesetzt, wodurch ein erhöhtes Marktrisiko besteht;
  • Da die Position über einen längeren Zeitraum gehalten wird, ist Positionstrading nur für Personen mit ausgeprägter Geduld geeignet.

Die Wahl des richtigen Tradingstils

Kommen wir direkt auf den Punkt: Es gibt nicht DEN richtigen Tradingstil. Jeder Tradingstil hat seine Vorteile und Nachteile. Wichtig ist, dass der gewählte Tradingstil zum Charakter des Traders passt: Bist du z.B. ein eher ungeduldiger Zeitgenosse? Dann vergiss Positionstrading! Du hast einen Vollzeitjob, verbringst gerne Zeit mit deiner Frau und deinen Kindern und sitzt nur ungerne am PC? Dann ist Scalping eher weniger für dich geeignet…

Die Frage des richtigen Tradingstils ist also eher eine Frage des Charakters und der persönlichen Umstände als eine Frage nach „was ist richtig und was ist falsch?“.

Auch die Renditeaussichten werden nur unwesentlich vom gewählten Tradingstil beeinflusst. Gerade Anfänger gehen häufig davon aus, dass man Scalping oder Daytrading betreiben muss, um „das große Geld zu verdienen“. Dies ist allerdings ein Trugschluss, der darauf zurückzuführen ist, dass man von Kindheitstagen an vermittelt bekommt: „Du musst viel arbeiten, um viel Geld zu verdienen…„. An der Börse ist genau das Gegenteil der Fall!

Häufig ist auch zu beobachten, dass Trader in den geringen Zeiteinheiten beginnen und mit der Zeit bzw. mit der Erfahrung in die höheren Zeiteinheiten wechseln. Eigentlich müssten Tradinganfänger genau andersrum vorgehen, denn wer die höheren Zeiteinheiten nicht erfolgreich handeln kann, wird auf den kurzen Zeiteinheiten untergehen.

Bevor du also mit dem Trading beginnst, solltest du dir Gedanken um den für dich richtigen Tradingstil machen. Erst nachdem du dir über diesen im klaren bist, solltest du dich auf die Suche nach der für dich „richtigen“ Tradingstrategie machen.

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